Seit dem Boom vegetarischer und veganer Lebensmittel scheint es für die Milch- und Fleischindustrie nur zwei Reaktionsmöglichkeiten zu geben: Entweder man springt selbst auf den Veggie-Zug auf und bringt entsprechende Produkte heraus, oder man bekämpft den Trend mit allen Mittel. Letzteres führt dazu, dass seit Jahren über Bezeichnungen wie „Sojamilch“, „veganes Schnitzel“ oder „Tofubutter“ gestritten wird.
Angebliche Gefahr der Verbrauchertäuschung
Argumentativ beruft man sich auf „Verbrauchertäuschung“. Die Menschen könnten tierisches „Original“ und vegane Alternative miteinander verwechseln. Dazu urteile letztes Jahr sogar der Europäische Gerichtshof (EuGH) zugunsten der Milchindustrie. Verklagt wurde das Unternehmen Tofutown, welches vegane Alternativprodukte unter Namen wie „Veggie-Cheese“ vertrieb. Auch die Richter*innen befanden, es würde Verwechslungsgefahr bestehen.
Studie zeigt: keine Verwechslungsgefahr
Diese Annahme kann weder durch entsprechende Zahlen noch durch bekannt gewordene Fälle belegt werden. Allerdings kann nun belegt werden, dass Verbraucher*innen sehr wohl den Unterschied zwischen Kuhmilch und Sojamilch kennen. Eine im Oktober 2018 veröffentliche Studie, der International Food Information Council Foundation zeigt, dass weniger als 10 % der US-Verbraucher*innen glauben, dass pflanzliche Milchprodukte irgendwelche Kuhmilchbestandteile enthalten. 75 % wissen hingegen genau, dass die veganen Produkte nichts mit Kuhmilch zu tun haben und die übrigen Befragten waren sich nicht sicher.
Unterschiede sind klar
Es besteht kaum Verwirrung über die Nomenklatur und die grundlegenden Unterschiede zwischen beiden Produkten, merken die Forscher*innen an. In der Umfrage wurde außerdem nach den Einkäufen der letzten drei Monaten gefragt. Fast die Hälfte (45 %) kaufte fettarme Milch, zudem entschieden sich 38 % für Vollmilch und 30 % für Mandelmilch (Mehrfachnennungen waren möglich). Das zeigt, dass auch bei den Verbraucher*innen die tierische Produkte bevorzugen, der Unterschied zum pflanzlichen Produkt in der Regel klar ist.
„Drink“ oder „Milch“ – das ist hier die Frage
Im Gegensatz zur EU sind in der USA Bezeichnungen wie „Soymilk“ (Sojamilch) noch erlaubt. Die Milchindustrie versucht aber auch hier ein Verbot zu erwirken. In der EU dürfen pflanzliche Milchalternativen offiziell nur als „Drink“ und nicht als „Milch“ auf der Verpackung deklariert werden. So sieht es die europäische Verordnung zum Schutz der Bezeichnung von Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung vor.
Wie fadenscheinig das Argument der Verbraucher*innen-Täuschung ist, wird am Beispiel der Kokosmilch deutlich. Einzig Kokosmilch darf in der EU als „Milch“ bezeichnet werden, da sie bereits vor der Verordnung als solche auf dem Markt war. Und auch Erdnussbutter oder Kakaobutter dürfen weiterhin das Wort „Butter“ im Namen tragen. Die Argumentation der Milchindustrie steht jedenfalls auf sehr brüchigem Eis.